Zieht es den Reisenden in die Sonne, so ist Freiburg im Breisgau vermutlich das Ziel der Wahl. Immerhin beschenkt die Stadt im Dreiländereck zwischen Frankreich, der Schweiz und Deutschland ihre Gäste mit den meisten Sonnenstunden Deutschlands. Dessen konnten sich die neunten Klassen, ganze vier Stück an der Zahl, bei ihrer Klassenfahrt vergewissern.
Dem kühlen und verhangenen Siegerländer Himmel gewiss nicht nachtrauernd, verabschiedete sich die Reisegruppe in zwei Bussen gen Süden, nachdem der Kampf um die besten Plätze im Bus ausgefochten war. Schon auf der Hinfahrt wurde dabei deutlich, dass die eine Gruppe dem Spieß’schen Busfahrerfluch zum Opfer fallen würde, konnte man doch den diversen Telefonaten des Busfahrers dank Freisprechanlage lauschen, mit teils eher fragwürdigen, mindestens aber sehr privaten Details. Glücklicherweise endete die Fahrt nach sechseinhalb Stunden bereits bei strahlendem Sonnenschein an der Jugendherberge.
Auszug aus dem Tagebuch der SchülerInnen: „Als wir an der Jugendherberge standen und alles erstmal von außen schön unter die Lupe genommen haben, ist uns aufgefallen, dass es gar nicht so schlimm nach Knast aussieht wie gedacht. Auf den Zimmern angekommen haben wir die Betten bezogen und leider mussten manche feststellen, dass Mama das dann doch einfach besser kann. Ein bisschen Freizeit und dann Abendessen um 17:45 Uhr, das Essen, welches erstaunlich lecker für eine Jugendherberge war. Es gab dafür aber eine umso längere Zeit zum Anstehen, zwischendurch hatte man das Gefühl, dass irgendwer die Leute aus der ganzen Stadt noch eingeladen hat.“
Der nachfolgende Morgen eröffnete für manche nicht etwa der Wecker oder die Sonne, sondern „liebliches Klopfen“ und diverse Variationen des Songs „Call me maybe“, der aus den Räumen einer Schulklasse aus Bottrop trällerte. Die Gruppe hatte bereits am Vorabend wenig von der Nachtruhe gehalten, von morgendlicher Ruhe war also auch nichts zu erwarten gewesen. Bei den SchülerInnen aus dem Siegerland sorgte das dafür, dass man sich „top motiviert“ und „gar nicht müde“ zombiehaft zum Frühstück schleppte, um sich anschließend den Untoten auf dem Zimmer aus dem Gesicht zu waschen. Es folgte eine Wanderung auf den Schlossberg, der für einige Personen zum vermeintlichen Gewaltmarsch avancierte.
Auszug aus dem Tagebuch der SchülerInnen: „Jedoch hatte sich das mit der Entspannung und den Gesprächen nebenbei wieder erledigt, als es mit dem ersten Berg losging. Am Anfang ging selbst der noch, auch wenn man dort seine eigene Unsportlichkeit ein wenig zu viel gespürt hat. Als wir dann jedoch schmerzhaft realisieren mussten, dass dieser Berg sich bis zum geplanten Ziel, welches die Aussichtsplattform ganz oben auf dem Schlossberg war, nicht verkleinern würde, wurde ein paar Leuten klar, dass man als Kind nicht umsonst regelmäßig zum Kinderturnen geschickt worden war.“
Auch die restlichen 210 Treppenstufen nahmen die meisten SchülerInnen dann noch mit Erfolg, obgleich man sich wohl eher dafür feierte, mit dem Aufstieg mehr Sport betrieben zu haben, als „in den letzten drei Monaten“. Der Endgegner des Tages war dann die Aussichtsplattform, die für einige wegen weiterer Treppenstufen, für andere wegen der exorbitanten Höhe und des leichten Schwankens zum Feind wurde. Ein Sieg über diesen wurde mit einer umwerfenden Aussicht über die Stadt und die Umgebung belohnt. Manche glaubten gar, am Horizont die Anden ausfindig gemacht zu haben. Eine konkretere Bestimmung der Berge wurde dann aber auf den Erdkundeunterricht verschoben. Auch die zwischenzeitlich im Wald und auf anderen Strecken verlorengegangenen KollegInnen und SchülerInnen tauchten schließlich auf und der Abstieg konnte nach kurzer Rast beginnen.
Auszug aus dem Tagebuch der SchülerInnen: „In Freiburg war Markt. Das Beste daran waren natürlich die Pommes, die jeder holte. Der Typ, der da gearbeitet hat, ist wahrscheinlich jetzt Millionär und braucht seine Pommes nie mehr zu verkaufen. Während der Stadtrallye waren wir an Stellen, an denen wir auf gut Glück dachten, dass es vielleicht die gesuchten auf dem Zettel sind, leider mussten wir dann feststellen, dass dies nicht der Fall ist. Also erstmal zu McDonalds, um Pommes Vanille zu kaufen und ja das ist mega lecker.“
Am späten Nachmittag machte man sich dann wieder auf den Heimweg, diesmal ohne Höhenmeter, dafür mit Ausblick auf nacktbadende Freiburger, die in der Dreisam Abkühlung suchten. Dies sorgte für gleichsam verstörte wie erheiterte Reaktionen. Nach dem Abendessen stand noch der Besuch des Bowlingcenters aus, bei dem man manchen von uns dabei zusehen konnte, wie sie die Bowlingkugel mehr oder weniger erfolgreich versenkten (oder sogar in die entgegengesetzte Richtung rollten).
Der folgende Tag sollte zur sprachlichen Feuertaufe für die Französisch-Klassen werden: Straßbourg war das Reiseziel. Nach der Ankunft gab es aber erst einmal wieder Treppen für diejenigen, die den Münster erklommen. Eine herrliche Aussicht und ein paar lädierte Beinmuskeln später wartete die Stadt, die einige zu Fuß, andere noch auf dem Rhein erkundeten. Das Wetter belohnte die Reisenden auch hier mit strahlendem Sonnenschein. Glücklicherweise spricht man in Straßbourg oft auch Deutsch, was es auch für die Lateiner möglich machte, die Stadt zu überleben. Am Ende folgte noch der Besuch eines französischen Supermarkts, dessen Größe ihm die Bezeichnung „Hypermarkt“ einbringt.
Auszug aus dem Tagebuch der SchülerInnen: „Mit den Bussen sind wir dann zu einem französischen Supermarkt gefahren, in dem man einen zehntägigen Fußmarsch machen musste, nur um ans andere Ende zu kommen. In dem haben wir uns erstmal alle mit Snacks eingedeckt, auch wenn es sein paar Leute echt übertrieben haben, als sie auf einmal mit einer Kiste Chips und mehreren Eimern Popcorn aus dem Laden spaziert sind.“
Der Donnerstag sollte dann für viele SchülerInnen zum Highlight werden. Achterbahnen lockten mit Adrenalinkicks im Europapark. Die freudige Erwartung darauf wurde jedoch vom Schlafmangel der letzten Tage gedämpft. Dankenswerterweise nahmen Rollbänder zum Eingang den Müden und Fußkranken das Gehen weitestgehend ab.
Auszug aus dem Tagebuch der SchülerInnen: „Im Europapark selbst war man spätestens nach der ersten aufregenden Achterbahn wach und, nachdem man die Bilder aus dieser gesehen hat, nochmal dreimal so wach. Bei manchen Bildern hat man sich gefragt, welcher Zombie sich für einen dareingesetzt hat. Auf jeden Fall weiß man jetzt, warum Mama immer die Reisekühlbox ausgepackt hat, wenn es in einen Park ging, denn bei den Preisen, die man dort bezahlt, hat man wahrscheinlich für Kühlbox plus Füllung weniger bezahlt, als für einen Crêpe dort. Weg von den Preisen und dem anderen Zeug waren die Achterbahnen dafür umso besser, wenn auch die Sitzaufteilung vor allem in der Wasserbahn für besonders viel Diskutieren gesorgt hat, auch wenn die Frage eigentlich nur zwischen: „Wer wird nass?“ und „Wer sieht aus, als wäre er/sie nebenher geschwommen?“ gependelt hat. Aber selbst wenn man dann nass geworden ist, war man spätestens auf ,Silver Star‘ oder einer anderen Bahn, besonders bei der Wärme, wieder trocken. Als man durch den Park gelaufen ist hat man sich zwar gefühlt, als würde man wirklich eine Wanderung durch Europa machen, aber wie man vielleicht schon gelesen hat, wurde auf dieser Fahrt kein legday geskippt und die Treppen haben uns wohl auch immer verfolgt, denn selbst im Großteil der Warteschlangen gab es Treppen.“
Auch der letzte Abend sollte nach der Rückfahrt vom Europapark nicht ruhiger werden, als die anderen Nächte zuvor. Allerdings waren diesmal nicht die Bottroper das große bzw. laute Problem, sondern die beiden zehnten Klasse der Reisegruppe aus dem zweiten Stock, deren Aufsichtspersonen abhandengekommen waren und sowohl von anderen Reisegruppen, Schülerinnen als auch der Jugendherbergsleitung gesucht wurden. Dies zum Anlass nehmend, wurde der Abend schließlich auch jenseits der Nachtruhe noch etwas ausgedehnt, wohl wissend, dass am Freitag genügend Schlaf im Bus aufgeholt werden könnte.
Die Heimfahrt verlief schließlich relativ ereignislos, sieht man einmal von weiteren sehr privaten Anrufen ab. Und spätestens mit den ersten Regentropfen konnte man sich sicher sein: „Wir sind wieder da.“