Immer wieder jung

Für den „Einzelkämpfer“, der ein Instrument erlernt, ist es eine grundlegende Erfahrung, im Zusammenklang eines Orchesters zu spielen.

Wenn es naturgemäß für den Adepten zum Solisten noch nicht reicht, mag er sich im Zusammenspiel sicherer fühlen. Aber es ist auch eine Anforderung, schließlich muss man sich, wenn man mithalten will, dem Niveau der fortgeschrittenen Mitspieler anpassen. Fördern und Fordern, geradezu pädagogische Tugenden, die sich in einem Schulorchester auf ideale Weise verwirklichen lassen. 

Das war gewiss der Hintergrund, den seinerzeit - genauer gesagt vor 30 Jahren - Musiklehrer Wolfgang Setzer bewog, neben der schon vorhandenen vokalen Tradition am Gymnasium Stift Keppel ein Orchester ins Leben zu rufen. Ein Bläserkreis unter seiner Leitung, vornehmlich aus Blechbläsern bestehend, existierte und musizierte bereits. Die musikalischen Ressourcen auf diesem Gebiet schienen im Siegerland naturgegeben zu sein. Aber schon bald warb Wolfgang Setzer um Holzbläser und Streicher. Nach bescheidenen Anfängen von zunächst erst 10 Mitspielern umfasst heute der Klangkörper etwa 35 Instrumentalisten, eine beachtliche Zahl und Ausdruck des musikalischen Potenzials im Stift.

Und es waren und sind nicht nur Schülerinnen und Schüler darunter, auch ihre Eltern und Lehrer besannen sich auf ihre mitunter verschüttet geglaubten Talente und griffen wieder zum Bogen oder holten längst Abgelegtes aus dem Etui hervor. Jedenfalls eine gemeinsame Aktion von Anfängern und Fortgeschrittenen. Zur Tragik eines Schulorchesters gehört es allerdings, dass ein Schüler, hat er sich erst einem mal gut entwickelt, mit dem Abitur die Schule verlässt. Einige Keppeler sind in ihrem späteren Werdegang sogar Berufsmusiker geworden und werden sich dankbar an die hier gebotenen Möglichkeiten erinnern.

Ein Schulorchester bedeutet ständige Aufbauarbeit und Förderung junger Instrumentalisten. Eine gute Zusammenarbeit mit Instrumentallehrern vor Ort ist unerlässlich. Durch Gründung der in Keppel seit 2012 eingerichteten Musikklassen, in denen jeder Schüler ein Instrument erlernt, und auch durch die stiftseigene Musikschule kommt jedes Jahr Nachwuchs, der sich rasch qualifiziert und schon bald im Schulorchester mitspielt.

Studiendirektor Wolfgang Setzer schaut nunmehr auf 30 Jahre Orchesterarbeit zurück, auf die alljährlichen Advents- und  Sonderkonzerte, die unerlässliche musikalische Begleitung der festlichen Höhepunkte im Schulleben, in Sonderheit beim Festakt zur 750-Jahr-Feier von Stift Keppel im Jahr 1989, als das Schulorchester in Anwesenheit des damaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau spielte, oder das gemeinsame Konzert mit dem Bundeswehr-Berufsorchester anlässlich des Nordrheinwestfalentages im Juni 2010. Im Rahmen „Keppel ist KULTur“ am 11. Juni kann ab 19.45 Uhr das Ensemble beim diesjährigen Sommerkonzert wieder erlebt und bewundert werden, bei gnädiger Witterung diesmal sogar „outdoor“, was im altehrwürdigen Stift heißen soll: Draußen im „Abteigarten“, eingerahmt von den historischen Gebäuden aus Mittelalter und Barock. Trotz des alten Gemäuers ist das Stiftsorchester immer wieder jung, denn nur die wenigsten Musiker zählen jene 30 Jahre, die das Orchester seit seiner Gründung 1985 zurückgelegt hat.