Am 26. Januar hatte die Jahrgangsstufe 12 Gelegenheit zu einem Gespräch mit Frau Dr. Miachaela Vidlakova, die durch die Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit nach Siegen gekommen war und in verschiedenen Schulen den Kindern und Jugendlichen von ihrem Schicksal erzählte.
Frau Dr. Vidlakova gehört zum Vorstand der Theresienstädter Initiative", einer Vereinigung der Überlebenden des Ghettos. Als Trägerin des "Lothar-Kreyssig-Friedenspreises" setzt sie sich in besonderer Weise ein für die Erinnerung an den Holocaust. In 'Vorträgen und Gesprächen will sie Freundschaft stiften und Versöhnung leben.

Ihr Vortrag stand unter dem Wahlspruch Friedrich Schorlemmers "Erinnerung kann nicht ungeschehen machen, aber die Wiederholungswahrscheinlichkeit veringern".
10 Tage vor ihrem 6. Geburtstag wurde die kleine Michaela aus Prag nach Theresienstadt verschleppt.

Eine Schülerin berichtet:
"Am Mittwoch, 26. Januar 2011, war Frau Dr. Michaela Vidlakova zu Besuch in Stift Keppel und erzählte unserer Jahrgangsstufe in der Aula von ihren Erfahrungen zur Zeit des Nationalsozialismus.

Ihre tragische Geschichte beginnt schon, als sie im frühen Kindesalter auf immer mehr verzichten musste und sie und ihre Familie als Juden in ihrer Heimatstadt Prag von der Gesellschaft ausgegrenzt wurden. Sie mussten verschiedenste Dinge, wie Radio oder Schmuck, abgeben. Auch Michaelas Vater musste seinen gut bezahlten Beruf aufgeben und in einer Holzfabrik arbeiten. Außerdem mussten sie ihr Haus für einen Nationalsozialisten räumen.
Im Altern von sechs Jahren wurde Michaela mit ihren Eltern nach Theresienstadt verschleppt. Dies war "etwas Mittleres zwischen Ghetto und Konzentrationslager", sagt sie. Dort wurden die Familienmitglieder voneinander getrennt und Michaela kam in ein Zimmer mit vielen anderen Kindern in einem Kinder- und Jugendheim. Die Verpflegungsrationen in Theresienstadt waren sehr knapp, viele alte Menschen bettelten um Brot, und die kleine Michaela gab oft einen Teil ab, weil sie an ihre eigenen Großeltern dachte, die vielleicht auch Hunger litten.
Auch die Hygienebedinungen waren ziemlich schlecht: Es verbreiteten sich viele Krankheiten, und so verbrachte Michaela fast ein Jahr auf der Krankenstation mit Hepatitis A und Typhus. Dort erlernte sie auch den Großteil ihrer Deutschkenntnisse, da sie sich mit einem deutschsprachigen Jungen anfreundete. Auch der schulische Unterricht kam nicht ganz zu kurz, da dieser heimlich von einer Pädagogin in dem Kinder- und Jugendheim abgehalten wurde.
Trotz der schlimmen Umstände hatte die Familie in Theresienstdt auch Glücksmomente, die sie vor einem schlimmeren Schicksal bewahrten. Als Michaelas Vater in ein Konzentrationslager verfrachtet werden sollte, griff der Zufall ein und rettete sein Leben: Da ein Sturm das Dach eines Hauses abgedeckt hatte, wurden noch drei Personen für die Reparatur benötigt. Michaelas Vater meldete sich freiwillig und durfte bleiben, da er durch seine Arbeit im Holzlager Erfahrungen hatte.
Die Befreiung Theresienstadts erlebten Michaela und ihre Eltern als komplette Familie, sie führten ihr Leben fortan in Warschau weiter. Michaela studierte Biologie und Chemie und berichtet nun - im Rentenalter - als Zeitzeugin von ihrem Leben.
Ihre Geschichte regte die Schülerinnen zum Nachdenken an und klärte noch einmal genau über die damaligen Lebensverhältnisse auf. Frau Dr. Vidlakova beendete diesen informativen Vortrag mit dem berechtigten Satz:
"Ich habe es überlebt - Hitler nicht!"


Auch andere Schüler/innen äußern sich:

  • "Ich fand den Besuch von Fau Dr. Vidlakova sehr eindrucksvoll, und mich haben ihre Erzählungen sehr berührt. Mich hat am meisten beeindruckt, dass sie einfach so viel Glück gehabt hat und nur dadurch überleben konnte. Sie muss wirklich einen Schutzengel gehabt haben!"
  • "Nach dem Gespräch war es in unserem Aufenthaltsraum sehr ruhig. Wir hingen wohl noch alle unseren Gedanken und Eindrücken nach. So etwas habe ich dort noch nicht oft erlebt."
  • "Ich fand den Vortrag sehr wichtig, weil die Erzählungen besser wirken als Dinge, die wir im Unterricht erfahren. Dazu haben vor allem die persönlichen Bilder und die Einzelschicksale beigetragen."
  • "Ich fand die Erzählungen von Frau Vidlakova sehr bewegend. Man hört immer so viel von der damaligen Zeit, aber ich finde, es ist doch etwas anderes, wenn einem persönliche Eindrücke geschildert werden. Ich finde es beeindruckend, wie sie diese schlimme Zeit, als kleines Mädchen, überstanden hat und uns heute davon erzählen kann."
  • "Obwohl man viele Informationen schon aus Schulbüchern usw. kannte, war der Vortrag doch sehr informativ, weil alles aus einem persönlichen Blickwinkel berichtet wurde."
  • "Der Bericht von Frau Dr. Vidlakova war faszinierend. Obwohl man viele Ereignisse bereits aus Filmen oder Büchern kannte, war es sehr schockierend, dass diese Frau alle diese Ereigenisse selbst miterlebt und erfahren hat. Ich finde es außerdem sehr gut, wie sie diese Erfahrungen verarbeitet und uns erzählt hat. Es war für mich eine sehr gute Erfahrung und eindeutig lehrreicher als jedes Buch oder jeder Film, den ich bisher kennengelernt hatte."
  • "Ergreifend und interessant - einfach persönlicher als ein Bericht aus einem Geschichtsbuch."
  • "Eine Erfahrung für mich. Ich habe vorher noch nie so einen bewegenden Bericht über den Holocaust gehört. Der Vortrag wurde durch viele verschiedene Bilder gestützt, die noch einmal deutlich gemacht haben, wie schlimm das Leben in dieser Zeit war."
  • "Für mich war der Vortrag sehr interessant, da für mich dieser persönliche Aspekt wirklich wichtig war. Es war spannend, aber auch schockierend, so viele grausame Details zu erfahren. Alles in allem eine sehr gute Aktion, die wiederholt werden sollte."